von Jana Wessel

EU-Strategie: Klarheit für die Cloud?

Von vielen bereits erwartet hat die EU-Kommission jetzt eine einheitliche Strategie zum Cloud Computing vorgelegt und verknüpft damit eine Menge Hoffnung: Bis 2020 soll die Cloud das Bruttoinlandsprodukt der EU um 160 Milliarden Euro jährlich steigern und bis zu 2,5 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen.

EU-Kommissarin Neelie Kroes bläst zum Aufbruch: „Das Cloud Computing ändert die Spielregeln in unserer Wirtschaft. Ohne das Eingreifen der EU werden wir in starren nationalen Systemen verharren und wirtschaftliche Vorteile in vielfacher Milliardenhöhe verschenken. Wir müssen eine kritische Masse erreichen und brauchen ein einheitliches Regelwerk für ganz Europa. Deshalb müssen wir nun gezielt die vermeintlichen Risiken des Cloud Computing angehen.“

Genau das will die EU-Kommission nun mit der Cloud-Strategie erreichen. Sie soll künftig etwa dafür sorgen, dass vertrauenswürdige Cloud-Anbieter dank entsprechender Zertifizierungen auch über Landesgrenzen hinweg direkt als solche zu erkennen sind. Zudem soll es für Unternehmen durch einheitliche technische Normen für Interoperabilität und Datenübertragbarkeit bald einfacher werden, von einem zum anderen Anbieter zu wechseln, ohne dabei Datenverluste zu riskieren. Und nicht zuletzt will die Kommission für sichere sowie faire Muster-Vertragsbedingungen zum Cloud Computing sorgen und auch Leistungsvereinbarungen (SLA) ausarbeiten lassen.

Mit den Maßnahmen sollen nicht nur die Nutzer gestärkt werden, sondern auch die europäische Anbieter von Cloud-Diensten.  Sie müssen künftig bessere Chancen haben, auch über Landesgrenzen hinweg zu expandieren und so eine wettbewerbsfähige Größe zu erreichen. Zudem soll der öffentliche Sektor stärker als bisher Cloud Computing nutzen, um billigere und bessere elektronische Behördendienste anbieten zu können.

Die Resonanz der ITK-Branche auf die Cloud-Strategie der EU-Kommission ist positiv. „Wir brauchen europaweit einheitliche Standards für das Cloud Computing, damit diese innovativen Dienste schnell und in aller Breite eingesetzt werden können. Dazu zählen EU-weite Vorgaben zum Datenschutz und zur Datensicherheit sowie einheitliche Vertragsbedingungen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Der Flickenteppich rechtlicher Vorschriften hat die stärkere Nutzung von Cloud-Diensten in der EU bisher gebremst. Die Cloud-Strategie der Kommission muss hier gegensteuern.“

Schon heute haben Reformvorhaben der EU Auswirkungen auf das Cloud Computing. Dazu zählen unter anderem die EU-Datenschutzverordnung, die Modernisierung des Urheberrechts sowie neue Regelungen im allgemeinen Vertragsrecht („Europäisches Kaufrecht“). Besonders die Datenschutzverordnung und die damit einhergehende Vereinheitlichung beim Thema Datenschutz ist wichtig für Unternehmen, die sich mehr Sicherheit beim Cloud Computing wünschen.

In Deutschland nutzt bereits heute mehr als ein Viertel (28 Prozent) aller Unternehmen Cloud Computing. Laut Bitkom wird der Umsatz damit in Deutschland in diesem Jahr um 47 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro steigen. Mit 57 Prozent entfällt gut die Hälfte des Marktes auf Cloud-Dienste für Geschäftskunden, zum Beispiel die Nutzung von betrieblichen Online-Anwendungen oder das Abrufen von Speicher- oder Rechnerkapazität über das Internet. Ob diesen Unternehmen die Bestrebungen der EU-Kommission ausreichen, hängt sicher auch davon ab, ob den Bekundungen Taten folgen, die dann tatsächlich zu einer Vereinheitlichung des Cloud-Marktes in Europa führen werden.

Fest steht, dass paneuropäisch engagierte Unternehmen auch in den nächsten Jahren wohl nicht ausschließlich auf EU-Strategien setzen, sondern auch weiterhin ihre eigenen Anforderungen im Auge behalten und kritisch prüfen werden, ob ein Anbieter sie erfüllen kann. Reines Vertrauen in Vorgaben wird wohl auch künftig nicht ausreichen, damit das Geschäft mit der Cloud in Europa brummt.

((Bildquelle: Robert Kneschke - Fotolia.com))

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