Wer zuverlässig wissen will, wie das Wetter in Dublin ist, der könnte den Kundenservice eines deutschen Herstellers anrufen und danach fragen. Die Chance jedenfalls ist hoch, dass der Agent seinen Arbeitsplatz nach wie vor in der Call-Center-Hochburg Irland hat. Doch ein solcher, zugegebenermaßen kurioser Zugang zu meteorologischen Daten wird nicht mehr lange funktionieren. Hochburgen dieser Art verlieren im Dienstleistungssektor ihre Bedeutung. Es mag noch fiskalische Überlegungen geben, Arbeit lokal zu zentralisieren, solange Länder im Steuerwettbewerb stehen. Effizienter, produktiver und oft sogar wesentlich kostengünstiger ist es dagegen, Ressourcen zu flexibilisieren. Die Arbeit von morgen wird dezentral verrichtet, sie ist räumlich verteilt, zeitlich ungebunden und lässt sich jederzeit variabel anpassen. Die Grundlagen für einen solchen Wandel sind jedenfalls technologisch gelegt.
Immer mehr IT- und TK-Dienstleistungen basieren auf solchen Modellen. Ob Software, Server- oder Storage, Firewalls, VPN, Security, Telefonie, Communication oder Infrastructure: Fast jede technische Lösung können Anwender heute im -as-a-Service-Modell als Dienstleistung beziehen – und zwar in den verschiedensten Varianten von Cloud-Computing (Privat Cloud, Public Cloud oder beides nebeneinander in hybriden Clouds).
Dass es noch viele Unternehmen gibt, die Vorbehalte gegen Cloud-Lösungen haben, spricht nicht gegen diese Technologie. Im Gegenteil. Wer sich mit Sicherheitsbedenken beschäftigt, Aspekte wie Datenschutz, Kosten-/Nutzenanalyse oder Investitionssicherheit beleuchtet und zudem Entlastung von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Tätigkeiten sucht, der wird früher oder später Cloud-Services als Alternative oder Ergänzung zu eigenen technischen Infrastrukturen in Erwägung ziehen. Auch hier gilt Flexibilität: Die für jeden Kunden beste IT-Lösung zählt. Das kann ein On-Premise-Modell sein, ebenso wie ein On-Demand-Bezug von IT-Leistungen aus der Cloud. Ein Primat der Technologie gibt es nicht.
Davon können sich derzeit beispielsweise Besucher der Messe Call Center World in Berlin überzeugen. Europas größter Event der Call-Center-Branche läuft noch bis 1.März. Neben modernster Call-Center-Software und Telefonsystemen stehen auch dieses Jahr viele Cloud-basierte Kommunikationsdienste im Vordergrund, die Versatel auf seinem Stand (DeTeWe-Stand Halle 4, Stand J5) präsentiert. Virtuelle Telefonie, die dank IP-Technologie und leistungsstarker Netze beispielsweise räumlich verteile Arbeitsplätze möglich macht, ist eine der in Berlin viel diskutierten Innovationen. Cloud-Computing ist in der TK-Welt angekommen. Das haben viele System- und Softwarehäuser erkannt, die ihre Lösungen auf der Messe zeigen.
Virtualisierte, ortsunabhängige Call-Center wären übrigens für die in Dublin beschäftigten Agenten ein Glücksfall. Angesichts von jährlich rund 130 Regentagen in Irlands Hauptstadt kann man sich nämlich durchaus Arbeitsplätze in sonnigeren Gefilden vorstellen. Warum nicht im Süden Bayerns, in der Toskana oder gleich im 17. Bundesland unserer Republik, auf Mallorca, im Dienste der Firma telefonieren?
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