Die Chancen für den Ausbau der Breitband-Infrastruktur in Deutschland sind aufgrund einer aktuellen Entscheidung der Bundesnetzagentur deutlich gestiegen. Insbesondere für ländliche Regionen ist das eine gute Nachricht.
Bandbreiten von 50 Mbit/s, 100 Mbit/s und mehr, die insbesondere in einigen nordeuropäischen und asiatischen Staaten bereits zum Standard gehören, stehen in Deutschland bisher nur vereinzelt zur Verfügung. Geschuldet ist dieser Rückstand -neben einem massiven Preisverfall in den vergangenen Jahren und einer sich erst langsam entwickelnden Nachfrage - auch der mit der Gestaltung des Vectoring-Regimes entstandenen Planungsunsicherheit für Netzbetreiber, die bereit sind in die Modernisierung der Netze zu investieren. Bereits im Frühjahr haben wir hierzu einen Blogbeitrag veröffentlicht.
Durch den Einsatz von Vectoring werden auf Basis der herkömmlichen DSL-Technologie deutlich höhere Bandbreiten ermöglicht. Glasfaser wird dabei bis an die „grauen Kästen“, die so genannten Kabelverzweiger (KVz), ausgebaut. Dort kommt die Vectoring-Technologie zum Einsatz, was hohe Geschwindigkeiten ohne die sehr teure Glasfaserverlegung bis in jedes Haus ermöglicht.
Mit der aktuellen Festlegung der Bundesnetzagentur zum Vectoring-Regime sieht es nun endlich so aus, als ob die deutschen „Datenautobahnen“ ausgebaut werden können. Das eindeutige Signal der Netz-Wächter: Der Ausbau der Vectoring-Technologie ist nicht allein der Telekom vorbehalten. Die BNetzA hat vielmehr Ausbauanreize gesetzt, die weitestgehend über das Prinzip des Windhundrennens realisiert werden können. Für den Branchenverband VATM, dem auch Versatel angehört, ist das ein Ansporn: „Jetzt können die Investoren den Fuß von der Bremse nehmen“. Auch der Präsident des BREKO, Ralf Kleint, sieht die Entscheidung durchaus positiv: „Dies wird dem wettbewerblichen Einsatz dieser innovativen Technologie und dem Breitbandausbau in Deutschland einen wichtigen Impuls geben“.
Doch wie immer, wenn gegenläufige Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen, gibt es Einschränkungen. „Wir sind erleichtert, dass der deutsche Regulierer die konstruktive Kritik und konkrete Verbesserungsvorschläge in seinem Entwurf für den Einsatz der Vectoring-Technologie umfassend aufgegriffen hat. Allerdings wird der Deutschen Telekom nach wie vor ein einseitiges Kündigungsprivileg an den Kabelverzweigern (KVz) eingeräumt“, gibt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner zu bedenken. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Bundesnetzagentur von ihrer ursprünglichen Auffassung abgerückt ist und ein alternatives Vorleistungsprodukt – als Substitut für die beim Einsatz von Vectoring wegfallende Entbündelungs-Verpflichtung – erst in 2016 vorsieht.
Die Telekom ist jetzt am Zug, neue Vertragsbedingungen auszuarbeiten, die abschließend von der Bundesnetzagentur genehmigt werden müssen. Darin sind die technischen, betrieblichen und rechtlichen Details des alternativen Vorleistungsproduktes sowie des Einsatzes der Vectoring-Technologie zu regeln. So beispielsweise die Details zur Handhabe der sogenannten `Vectoring-Liste´, die Rechtssicherheit und Chancengleichheit bei der Reservierung von KVz-Erschließungen geben soll oder die konkreten Sanktionsmechanismen, die im Falle unberechtigter Reservierungen greifen sollen.
Grundsätzlich kann man sagen: Das Ziel, den Breitbandausbau insbesondere auch in den ländlichen Gebieten zu fördern, wird mit der aktuellen Entscheidung erfüllt. Als positiv hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass für KVz-„Ersterschließer“, die zum Breitbandausbau eine staatliche Förderung erhalten haben, ein Kündigungsschutz gegenüber späteren Vectoring-Ausbauplänen der Telekom vorgesehen ist.
Somit soll an dieser Stelle einmal Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, das letzte Wort haben: „Es liegt jetzt an allen investitionswilligen Unternehmen, die sich daraus ergebenden Chancen für den Aus- und Aufbau von modernen TK-Netzen, insbesondere auch in ländlichen Gebieten, zu nutzen und den für unser Land wichtigen Breitbandausbau gemeinsam zügig voranzutreiben“. Dem haben wir nichts hinzuzufügen.
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